Glossar – Fachbegriffe aus der Immobilienbewertung

Es gibt nicht nur eine Form der Immobilienbewertung

Als Immobiliengutachter unterscheiden wir unterschiedliche Formen von Gutachten:

  • Verkehrswertermittlungen (bzw. Verkehrswertgutachten gem. § 194 BGB),
  • Mietwertgutachten oder Beleihungswertermittlungen sowie
  • Kurzguachten / Marktwertschätzungen.

Vergleichswertverfahren sind genauso wie Sachwertverfahren und Ertragswertverfahren Wertermittlungsverfahren. D.h. diese Verfahren werden in einem Verkehrswertgutachten als "normierte" Verfahren für die Immobilie herangezogen.
Gar nicht so leicht, die Übersicht zu behalten. Es ist allerdings wichtig, die groben Unterscheidungen  zu kennen, vor allem, da die unterschiedlichen Gutachten bei Gericht, im Scheidungsfall, bei Beleihung oder zur Vorlage bei Banken verwendet werden können.

André Behling, Immobilienwertgutachten

André Behling, Gutachter für Immobilienbewertung

Wir möchten Ihnen mit unserem Glossar ein wenig Orientierung bieten. Eine ähnliche Stichwortsammlung haben wir übrigens auch für das Thema Baumängel und Bauschäden angelegt.

Beleihungswertermittlungen

Hierbei handelt es sich um eine Verkehrswertermittlung, von der sich der Beleihungswert ableiten lässt. Dieser Wert gibt an, wie hoch der Verkehrswert der Immobilie zum fraglichen Zeitpunkt ist, als Maßstab der Höhe des angestrebten Darlehens. Das Gebäude dient als Sicherheit für die Kreditvergabe. Für das Gutachten sind diese Parameter wichtig:

  • Lage
  • Baujahr
  • Wohn-/Nutzfläche
  • Zustand
  • Ausstattung
  • Energetischer Zustand

Dabei ist es nicht wichtig, um welchen Gebäudetyp es sich handelt. Es können sowohl privat als gewerblich genutzte Immobilien beliehen werden. In der Regel liegt die Kredithöhe nicht bei hundert Prozent des Verkehrswertes, sondern darunter.

Hauskaufberatung

Ob ein Objekt den Preis wert ist, den der Verkäufer dafür verlangt, können Laien in der Regel nicht kompetent beurteilen. Zu viele Probleme sind auf den ersten (und zweiten) Blick nicht zu sehen. Rechtliche Bindungen und Belastungen ergeben sich aus der meist komplexen Vertragshistorie des Gebäudes oder ggf. denkmalschutzrechtlichen Faktoren. Ob ein Gebäude versteckte Schäden aufweist (Feuchtigkeit, Baumängel) ist ebenfalls ein schwierig zu beurteilendes Faktum. Eine Hauskaufberatung, die beide Kategorien abdeckt - die technisch-bauliche und die immobilienrechtliche - bietet eine sichere Orientierung.

Sachwertverfahren

Diese Wertermittlung zielt auf eigengenutze Objekte, beispielsweise Einfamilienhäuser oder Eigentumswohnungen ab. In die Berechnung beziehen wir die Baukosten bzw. deren Wiederbeschaffungskosten ein (Normherstellungskosten). Es gilt die Frage zu beantworten, welche Kosten bei einem Neubau gleicher Größe und Ausstattung entstehen würden. Die Grundstückskosten werden separat davon betrachtet. Der Wert des Gebäudes und evt. Außenanlagen, also Anbauten Garagen und Begrenzungen wie Mauern oder Zäune, wird so ermittelt: Der Quadratmeterpreis wird mit der Grundfläche des Gebäudes multipliziert. Dabei berücksichtigen wir die Alterswertminderung. Bei den Außenanlagen werden genormte Werte angenommen. Insgesamt beziehen wir vier Werte in das Sachwertverfahren ein: Bodenwert (Bodenrichtwert x Grundstücksfläche), Gebäudewert (Grundfläche x Preis pro qm) + Alterswertminderung (Gebäudealter x 0,0125), Wert der Außenanlagen = Sachwert

Bewertungen zum rückwirkenden Stichtag

Diese Sonderform der Immobilienbewertung wird beispielsweise bei Schenkungen oder Erbfällen vorgenommen. Bei der Erstellung des Gutachtens ist es wichtig, dass zum Zeitpunkt des Erbfalls andere veränderliche Werte für das Objekt galten als aktuell. In Zeiten sich schnell entwickelnder Boden- und Hauspreise können diese Unterschiede gravierend sein. Hintergrund dieses Beispiels ist die Schenkungs- oder Erbschaftssteuer, die vom Finanzamt angesetzt wird. Aber auch bei Scheidungen oder anderen gerichtlichen Auseinandersetzungen können Wertexpertisen für vergangene Zeiträume wichtig sein. Neben dieser Besonderheit greifen bei der Wertermittlung die gleichen Faktoren wie bei anderen Bewertungen wie

  • Größe des Objekts
  • Nutzung
  • Ausstattung
  • baulicher Zustand u.v.m.

Mietwertgutachten

Ein Mietwertgutachten gibt dem Besitzer eines Mietobjekts die Höhe der Miete an, die er realistischerweise erzielen kann. Dabei zieht der Gutachter unterschiedliche Parameter zur Beurteilung heran. Dazu gehören u.a.

  • Lage
  • Alter der Immobilie
  • Ausstattung
  • Größe
  • Lage (Geschoss)

Zwei zentrale Messgrößen sind bei der Ermittlung zudem die Ortsvergleichsmiete und die Marktmiete. Die OVM bezieht sich auf die durchschnittliche Miete, die für vergleichbare Objekte in einer Kommune in den vergangenen vier Jahren gezahlt wurden. Die Marktmiete gibt die Höhe des Mietzins bei einer Neuvermietung zu einem bestimmten Datum an. Dabei darf die Marktmiete die OVM um zwölf Prozent übersteigen. Das Mietwertgutachen ist in unterschiedlichen Situationen wichtig. Vermieter können die Expertise heranziehen, um eine Mieterhöhung zu argumentieren, Mieter - im Gegenzug - die Erhöhung des Mietzinzes anfechten. Investoren gibt das Gutachten einen guten Anhaltspunkt, welche Rendite bei einem Objekt zu erwarten ist. Auch bei gerichtlichen Auseinandersetzungen wie Zwangsversteigerungen oder Scheidungen ist das Mietwertgutachten ein wichtiges Instrument.

Übergabeprotokolle

Unter einem Übergabeprotokoll verstehen wir eine Zustandsdokumentation bei Wohnungsübergaben oder Gewerbeobjekten. In dem Protokoll werden alle relevanten Details bei einer Neuvermietung oder einem Kauf festgehalten und von den Vertragsparteien - etwa im Rahmen einer Besichtigung - unterzeichnet. Inhalte des Protokoll sollten zwingend sein:

  • Alle Zählerstände (Wasser, Strom, Heizung)
  • Mängel nach Räumen aufgelistet (gilt auch für Außenanlagen)
  • Renovierungen/Reparaturen
  • Besonderheiten der Ausstattung (z.B. Heizsystem)
  • Einrichtungen, die übernommen und für die ein Abstand geleistet werden soll
  • Schlüssel
  • Dienste, die übernommen oder abbestellt werden sollen (Internet, Strom/Gas etc.) Funktionstüchtigkeit der technischen Infrastruktur
  • Energieausweis vorhanden?

Es empfiehlt sich, wenn die alten Verträge, beispielsweise mit den Versorgern, dem Übergabeprotokoll in Kopie beiliegen. Nach Abschluss der Besichtigung sollte das Protokoll von beiden Parteien unterschrieben werden.

Ertragswertverfahren

Beim Ertragswertverfahren wird die Frage ermittelt, welche dauerhaften Erträge mit einem Objekt (in der Regel einer Gewerbeimmobilie oder einem Mietobjekt) erwirtschaftet werden. Das bezieht sich auf Mietshäuser, Büroobjekte, Kaufhäuser, Hotels, Lagerhallen, aber auch Immobilien in gemischter Nutzung. In die Berechnung fließen eine Vielzahl unterschiedlicher Faktoren ein:

  • Produkt aus Grundstücksgröße und Bodenrichtwert
  • Rohertrag/ortsübliche Jahresmiete
  • Bewirtschaftungskosten bzw. Reinertrag des Grundstücks abzüglich diverser Kosten
  • Bodenwertverzinsung
  • Länge der Restnutzungsdauer
  • wertbeeinflussende/wertminderne Faktoren

Um ein solch anspruchsvolles Gutachten zu erstellen, ist eine umfassende Marktkenntnis unerlässlich. Wir bieten unsere Expertise Investoren, Käufern, aber auch Kunden an, die eine Immobilie beleihen möchten.

Rechte und Belastungen

Eine erheblich wertsteigernde oder wertsenkende Wirkungen auf Immobilien können die so genannten dinglichen und grundstücksgleichen Rechte haben. Unter die dinglichen Rechte fallen beispielsweise

  • Vorkaufsrechte: Hier besitzt der Rechteinhaber die Möglichkeit, eine Immobilie zu den gleichen Konditionen wie mögliche Dritte zu erwerben. Ein fester Kaufreis wird dabei nicht vereinbart. Das Recht wird im Grundbuch eingetragen, oft als Sicherheit (dingliches Recht).
  • Wohnrechte und Nießbrauchrechte sind an eine Person gebunden. Ein lebenslanges Wohnrecht kann den Wert eines Gebäudes erheblich beeinflussen (dingliche Rechte).
  • Das (grundstücksgleiche) Erbbaurecht ist ein zeitlich begrenztes Recht. Es bezieht sich auf die vertraglich festgelegte Bebauung eines fremden Grundstücks. Als Entgelt für diese Nutzung wird ein Erbbauzins vereinbart. Wichtig: Dieses Recht wird ebenfalls ins Grundbuch eingetragen und bleibt auch im Fall einer Zwangsversteigerung bestehen.

Situationen, die mit diesen Fällen einhergehen, können hoch komplex sein und sich vor allem auf den Wert des Objekts auswirken. Deshalb ist der Rat kompetenter Gutachter umso wichtiger.

Vergleichswertverfahren

Wie der Name schon sagt, ermitteln wir den Wert des Objekts durch einen Vergleich mit einer anderen Immobilie mit vergleichbaren Parametern (indirektes Vergleichsverfahren). Idealerweise handelt es sich bei dem Vergleichsobjekt um ein baugleiches Gebäude in der Nachbarschaft oder eine Eigentumswohnung gleicher Größe im gleichen Haus (direktes Vergleichsverfahren, selten umzusetzen). Wir vergleichen eine Reihe von Faktoren, dazu zählen u.a. die Lage der Immobilie und die (Verkehrs-)Infrastruktur, Größe und Zuschnitt, Alter, etwaige Schäden, Bebauungspläne, evt. Denkmalschutz etc. Beim indirekten Vergleichsverfahren können die Werte angepasst werden; allerdings darf dabei ein gutes Drittel (35%) an Anpassungen nicht vorgenommen werden, da das Verfahren sonst angefochten werden kann. Solche Gutachten sind im Streitfall, etwa bei Erbschaftsstreitigkeiten oder bei einer Scheidung sinnvoll.