Adé Bauboom – und bis bald!
Der Boom des privaten Baumarktes geht zu Ende. Das hat seine Gründe und ist - vor allem - keine Katastrophe

Der private Hausbau trug bisher die Konjunktur...
Mit teilweise zweistelligen Zuwachsraten trat die deutsche Bauwirtschaft als einer der Motoren der guten Konjunktur hervor. Das belegen eindrucksvolle Zahlen: In sechs Jahren (von 2010 auf 2016) hat sich Bauvolumen im privaten Sektor von 35 auf 61 Milliarden Euro nahezu verdoppelt, während der gewerbliche und öffentliche Bausektor in dieser Zeit stagnierten.
Doch die rasende Fahrt verlangsamt sich. Der Bauboom in Deutschland verliert an Fahrt und endet voraussichtlich in den nächsten zwei bis drei Jahren. Damit droht aber weder die Apokalypse noch das Platzen einer Blase. Vielmehr neigt sich ein Zyklus seinem Ende zu. Und das hat Gründe:
Ende der Niedrigzinsen
Ein Treiber der guten Baukonjunktur waren die niedrigen Zinsen, die Betonung liegt auf dem Wörtchen waren. Die Zinsen für Baukredite ziehen perspektivisch an. Das bedeutet für die privaten Bauherren, die bisher Träger des Booms waren, dass sich Bauen weiter verteuert. War die Niedrigzinspolitik der Europäischen Union der Garant, die Hypothekenzinsen lange Zeit zwischen eineinhalb und zwei Prozent zu halten, so werden diese Zinsen ab 2019/2020 steigen. Das hat Auswirkungen auf die Beleihungswertberechnung. Sie setzt sich zusammen aus Kreditwürdigkeit, Bonität, Eigenkapital und Sicherheiten. Sind höhere Zinsen zu erwarten, ändert sich ein Faktor bei langfristigen Krediten. Die Faustregel besagt, dass die Kreditschulden bis zum Eintritt ins Rentenalter abbezahlt sein sollten, was lt. Prognose schwieriger werden wird. Wen dieses Rechenmodell weiter interessiert, findet im Hypothekenbankgesetz §12 weitere Anhaltspunkte.
Auslastung der Bauunternehmen
Wer sich große Städte wie Berlin anschaut, sieht am Horizont Baukran an Baukran stehen. Man fragt sich unwillkürlich: Wo kommen die ganzen Baufirmen her? Die Frage ist berechtigt, denn die Unternehmen arbeiten seit Jahren am Limit. Gut ausgebildetes Personal ist Mangelware, auf den Baustellen sind Polnisch und Rumänisch die meist gesprochenen Sprachen. Dazu kommen bedenkliche Zahlen aus der Ausbildung der Bauhandwerke: Im Jahr 2017 blieben 42% der Lehrstellen unbesetzt. Damit führt die Branche die traurige Liste mit den unattraktivsten Ausbildungen mit an- sehr zu unrecht, wie ich finde. Unter diesen Umständen ist es schwierig und teuer, ein geeignetes Bauunternehmen zu finden.
Preissteigerungen bei Bauvorhaben
Zur Zinsentwicklung kommt eine weiter ungebrochene Steigerung bei den Grundstückspreisen. Zwar haben die Preise dem Boom in den letzten Jahren keinen Abbruch getan, nun kommen aber noch andere Kostentreiber dazu. Dazu zählen die Löhne und Gehälter, die Energiekosten wie die steigende Rohstoffpreise der Baufirmen. All diese Kosten werden 1:1 an die Bauherren durchgereicht.
Alles kein Beinbruch
Trotz der negativen Vorzeichen wird die Baubranche allenfalls stagnieren. Das DIW (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) prognostiziert zwar einen Rückgang auf dem Sektor für Neu- und Privatbauten, sieht allerdings einen anderen Teil der Branche im Aufwind. Durch die massive Konzentration auf die Neubauten wurden die Sanierungen und Modernisierungen in den letzten Jahren vernachlässigt. Das DIW rechnet nun damit, dass sich der Sanierungsstau in den nächsten Jahren auflösen wird und dieser Zweig die Baukonjunktur weiter tragen wird. Aber noch aus einem anderen Grund ist die Abschwächung der Baukonjunktur kein Beinbruch: Konjunkturen entwickeln sich in Zyklen und zu deren Natur gehört es, irgendwann zu einem Ende zu gelangen. Also ein normaler Vorgang der Marktwirtschaft. Schlimmer wäre eine Immobilienblase, die irgendwann platzt und die gesamte Wirtschaft in Mitleidenschaft zieht, wie das im Jahr 2008 der Fall war. Aber davon sind wir ein ganzes Stück entfernt.

... Sanierung und Modernisierung übernehmen diese Funktion in Zukunft
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